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Begeisterung, die ansteckt! – Wie kann das gehen?

Geistlicher Impuls von Kolping-Bundespräses Hans-Joachim Wahl zu Pfingsten.

Immer an Pfingsten werden wir daran erinnert: der Geist Gottes kommt wie ein Feuersturm, der die Menschen begeistert und im besten Sinne des Wortes ansteckt:

„Als sich das Getöse erhob, strömte die Menge zusammen und war ganz bestürzt; denn jeder hörte sie in seiner Sprache reden. Sie waren fassungslos vor Staunen und sagten: Seht! Sind das nicht alles Galiläer, die hier reden? Wieso kann sie jeder von uns in seiner Muttersprache hören: … wir hören sie in unseren Sprachen Gottes große Taten verkünden.“  (Apg 2, 6-8.11)

Wie weit sind wir heute davon entfernt, wenn wir auf die Christenheit schauen. Da legen sich Defizite, Schuld und Versagen, die in der Kirche ebenso ihren Platz haben wie Erfolge und Begeisterung, wie eine Feuerlöschdecke über die Feuerzungen und ersticken, was eigentlich brennen wollte. Da werden Gräben aufgerissen und Diskussionen geführt, die genau das Gegenteil dessen bezeugen, was an Pfingsten in der ganzen Christenheit verkündigt wird. Da ist es nur gut, dass wir Menschen kennen, die trotz allem brennen für die Sache Jesu: die sich einsetzen für Aufrichtigkeit im Umgang mit Versagen, Gerechtigkeit im Blick auf die Opfer und die Leidtragenden und Frieden mit allen Menschen. Da springt dann der Funke nicht auf die Massen, sondern eher von Mensch zu Mensch und schafft so Gemeinschaft, schenkt eine gute Sicht auf das Leben, tröstet und macht Mut, in der Gegenwart an einer guten Zukunft zu arbeiten und sie miteinander zu gestalten.

Pfingsten ist wohl nur verstehbar, wenn wir nicht nur das Massenereignis sehen, sondern auch auf das schauen, was in der einzelnen Person geschieht: sie hören von den großen Taten Gottes in ihrer eigenen, ganz persönlichen Sprache. Und sie spüren: ich bin nur dann überzeugend, wenn in mir brennt, was auch in anderen brennen soll: die Flamme der Liebe, mit der Gott die Menschen liebt. Das fängt dann in der Tat bei mir ganz persönlich an, und es geht weiter, wenn ich es mit anderen zusammen (er-)lebe. Wenn ich dann meine Begeisterung mit anderen teile, die ähnliches erfahren, umso besser.

Dieser Gedanke lenkt meinen Blick auf eine andere Seite von Pfingsten, die genau wie der Bericht der Apostelgeschichte ihren Platz in den Pfingstgottesdiensten hat. Dort wird mit starken Bildern um das Kommen des Geistes Gottes gebetet. Die Bitten, die dem Geist Gottes anvertraut werden, sind nicht weniger aktuell geworden, auch wenn sie aus dem 12. Jahrhundert stammen: in der Pfingstsequenz heißt es:

„Komm, o du glückselig Licht, fülle Herz und Angesicht, dring bis auf der Seele Grund.“

Von diesem Lichtfunken darf ich mich am Pfingstfest neu treffen lassen, damit Grenzen überwunden werden können, Toleranz, Verständnis und Dialog mit Andersdenkenden, -lebenden und -glaubenden überhaupt möglich wird. Wer das Licht der Liebe Gottes auf dem Grund seiner Seele spürt, braucht nicht zu fürchten, dass ihm oder ihr etwas genommen wird – im Gegenteil: das Licht der Liebe Gottes schenkt Gewissheit: ich weiß, wo ich hingehöre, weil ich in der Liebe Gottes angenommen und geborgen bin - es schenkt aber auch die Freiheit, den oder die Nächsten nicht als Bedrohung, sondern als Bereicherung zu erfahren.

Und wenn ich die Bitten der feiernden Gemeinde an den Heiligen Geist in der Pfingstsequenz lese, dann bekommen sie im Blick auf manches, was wir so kirchenintern erleben – von „oben“ wie von „unten“ -  einen ganz konkreten Sinn:

„Was befleckt ist, wasche rein, Dürrem gieße Leben ein, heile du, wo Krankheit quält. Wärme du, was kalt und hart, löse, was in sich erstarrt, lenke, was den Weg verfehlt.“

Dürres muss neu belebt oder abgeschnitten werden, Verhärtungen, die den Dialog erschweren, sind zu überwinden und Orientierung im besten Sinn kann nur Gottes guter Geist selbst geben, wenn Menschen offen sind für sein Wirken.

Deshalb ist der Schluss der Pfingstsequenz voller Zuversicht:

„Gib dem Volk, das dir vertraut, das auf deine Hilfe baut, deine Gaben zum Geleit. Lass es in der Zeit bestehn, deines Heils Vollendung sehn und der Freuden Ewigkeit.“

So kann das Pfingstfest auch in diesem Jahr zu einem Fest werden, das Mut macht, sich neu anstecken zu lassen von der Flamme der Liebe Gottes. Das wird sicher nicht ganz so viel Aufsehen erregen wie der Sturm am ersten Pfingstfest, aber die Wirkung wird ähnlich kraftvoll ausfallen. Und darum geht es: der Geist des Herrn erfüllt die Herzen der Menschen und erneuert das Angesicht der Erde.

Adolph Kolping sagt es so: „Wie aber der Mensch selbst sich bildet, so wird er die Dinge um sich bilden; jenachdem seine innere geistige Bildung beschaffen ist, wird sein äußeres Schaffen und Gestalten ausfallen.“

Und der Apostel Paulus macht diesen Gedanken ganz griffig und pfingstlich: „Wenn wir im Geist leben, lasst uns auch im Geist wandeln!“ (Gal 5,25)

Ihnen und Euch allen ein gesegnetes Pfingstfest!

 

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Foto: Hans-Joachim Wahl

 

 

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