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Ein Stück Vorfreude auf den Himmel

Gedanken zum Sonntagsevangelium von Rosalia Walter, geistliche Leiterin des Kolpingwerkes Deutschland.

Im Evangelium vom Fest der Verklärung des Herrn, das auf diesen Sonntag fällt, führt Jesus seine Jünger auf einen hohen Berg.

Das Wort „verklärt“ verbinden wir mit besonderen Situationen. Wer verklärt dreinschaut, ein verklärtes Lächeln auf dem Gesicht hat, ist gedanklich in einer anderen Welt. Oft wird die „gute alte Zeit“ verklärt, oder wir verklären besondere Zeiten im eigenen Leben.

Die Verklärung Jesu auf dem Berg berührt die Jünger allerdings ganz anders. Im Wort Verklärung steckt die Klarheit, doch gerade die ging in dieser Situation so ganz und gar verloren. Jesus war eben nicht mehr klar erkennbar, sondern schien ein anderer geworden zu sein.

Wenn diese Begebenheit mehr als eine schöne Erinnerung sein soll, müssen wir versuchen, nachzuspüren, was dort geschehen ist.

Jesus geht mit Petrus, Jakobus und Johannes auf einen Berg. Er allein mit ihnen.

Auf dem Gipfel passiert plötzlich eine Verwandlung: Jesu Angesicht leuchtet wie die Sonne – seine Kleider werden weiß wie Schnee. Unheimliches geschieht. Elija und Mose tauchen auf und reden mit Jesus. „Es ist gut, dass wir hier sind“ fasst Petrus sein Empfinden in Worte, gefolgt von dem zunächst etwas unbeholfen wirkenden Vorschlag, drei Hütten zu bauen.

Petrus ist glücklich. Hier passt alles. Bei Jesus zu sein, im Leuchten Gottes Nähe zu sehen und die Propheten zu hören – da will er bleiben. Dies ist gut nachvollziehbar.

Doch plötzlich hören sie eine Stimme aus der Wolke. In dieser Wolke spricht Gott. Er bezeugt Jesus als seinen Sohn. Etwas viel für die Jünger bei einer Wanderung auf den Berg. Nun ist es vorbei mit der Beschaulichkeit. Die Jünger erschrecken, fallen zu Boden, sind fassungslos. Gerade noch wollte Petrus Hütten bauen, nun - wie er Gottes gewaltige Stimme hört, fällt er nieder mit den anderen und „fürchtet sich sehr!"

Die Reaktion Jesu ist voller Liebe.

    Jesus bewegt sich auf die am Boden liegenden Jünger zu, ganz nahe.

    Jesus berührt sie …

    Jesus spricht sie an: „Steht auf! Fürchtet euch nicht!“

Die Herrlichkeit ist vorbei. Oder besser: sie ist da, voll und ganz, doch verborgen im Menschsein Jesu Christi. Ein kurzer, süßer Augenblick des Schauens. Die drei Jünger haben eine tiefe Gotteserfahrung gemacht, für einen Augenblick konnten sie einen Blick in den Himmel werfen. Aber diesen Augenblick konnten sie nicht festhalten. Es war ein Stück Vorfreude auf den Himmel. Nun gilt der Glaube allein. Jesus will und muss im Glauben erfasst werden.

Den Gipfel können die Jünger nicht mitnehmen. Es ist die Glaubenserfahrung, das Gipfelerlebnis, das sie mit ins Tal nehmen. Es braucht solche „Gipfelerfahrungen“ des Besonderen, um dann die „Niederungen“ des Alltags - Sorgen und Nöte, Ängste und Zweifel, Fragen und Leid - wieder gut bestehen zu können. Denn nach dem Gipfel kommt der Abstieg.

Für Jesus war diese Erfahrung am Berg wichtig, denn gestärkt durch die Zusage des Vaters auf dem Berg konnte er seinen Weg mutig fortsetzen. Er wurde auf seinem Weg und für seinen Weg vom Vater gestärkt. Er sieht das, was ihn erwartet, im Licht Gottes. Jesus weiß, dass der Tod nicht das Letzte sein wird. Er wird kein Schlusspunkt, sondern ein Doppelpunkt sein.

Und die Jünger? Sie wissen jetzt, mit wem sie bis hierher gegangen sind und mit wem sie weitergehen. Die Verklärung Jesu ist nicht nur für die drei anwesenden Jünger geschehen, sie wird auch für uns erzählt und lebendig gemacht.

Jesus hat den Jüngern und uns bei seiner Verklärung etwas von seiner Herrlichkeit gezeigt. Er zeigt uns, welche Perspektive auf uns wartet. Er will uns sagen: Es lohnt sich zu leben, auch wenn dein Leben von Sorgen und Leid geprüft wird.

Jesus hat den drei Jüngern und uns deutlich gemacht: ich bin die Mitte eures Lebens – durch mich gelangt ihr zur Herrlichkeit.

Jesus ist so erschienen, damit auch wir das Leben in Fülle haben. Jesus sagt auch zu uns: „Der Tod ist nicht das Ende, sondern der Übergang in die Herrlichkeit.“ Er sagt auch zu uns: „Ich bin der Messias, ich bringe euch das ewige Leben.“

Als die Jünger vor Angst am liebsten im Erdboden versunken wären, hat Jesus sie aufgehoben. Als die Füße nicht mehr trugen, hielten sie seine Hand, als sie nichts mehr verstanden, ging ihnen ein Licht auf.

Und wenn wir am Boden liegen, dann kommt er auch auf uns zu, berührt uns, richtet uns auf und spricht: „Fürchte dich nicht!“

Durch solche Erlebnisse entsteht Klarheit. Sie sind Glaubenserfahrungen, die mehr bewirken als ein verklärtes Lächeln.  Sie verwandeln uns. Sie tragen uns durch den Alltag und die Tiefen des Lebens.

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Bild: Sarah-Simone Roth