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Ruht ein wenig aus

Gedanken zum Sonntagsevangelium von Rosalia Walter, der Geilstlichen Leiterin des Kolpingwerkes Deutschland

„Kommt und ruht ein wenig aus!“ sagt Jesus heute zu den Jüngern.

Welche Erlösung liegt in diesen Worten! Welche Erlösung ist diese Einladung für den, der eingespannt ist in die Tretmühle der täglichen Aufgaben und Sorgen und Pflichten.

In der Szene, die uns das Evangelium heute erzählt, ist die Unruhe des Lebens deutlich spürbar. Die Jünger kommen und gehen, gehen weg und kommen an, fahren ab und steigen aus, finden sich ein und kommen nicht zur Ruhe. Sie hatten bisher nicht einmal Zeit zum Essen, wird berichtet.

Natürlich hat das Wort essen im Markusevangelium immer einen besonderen Sinn. Es ist damit nicht bloß die Aufnahme von Nährstoffen gemeint, das Sandwich vor dem Computer, der Energieriegel auf dem Rennrad. Essen bedeutet hier, die Arbeit zu unterbrechen, sich gemeinsam hinzusetzen, miteinander zu reden, zu kommunizieren, auszuruhen, es sich einen Moment lang gut gehen zu lassen, gemeinsam zu essen eben.

Das erleben wir auch. Wir kommen uns vor wie in einem Hamsterrad. Unrast und Unruhe ohne Ende. Stress macht sich breit. Hektik und Eile. Es entsteht das Gefühl, nur noch zu rotieren und zu funktionieren. Das Essen „to go“ muss reichen.

Wie wohltuend klingen da die Worte aus dem Mund Jesu: „Kommt und ruht ein wenig aus!“

„Ausruhen beim Herrn!“ – Es gibt ein Bild von der Johannesminne, das gut zu diesem „ausruhen“ passt.  Es zeigt, wie Johannes beim letzten Abendmahl an der Brust Jesu ruht. Einfach sein dürfen, da sein, bei IHM sein. Nichts müssen, nichts bringen, nichts machen, nichts leisten müssen. Ausruhen am Herzen Jesu. Seine Nähe spüren, verkosten.

Es geht also nicht nur einfach darum, abzuschalten oder mal Pause zu machen, sondern darum, mit ihm zusammen zur Ruhe zu kommen. Jesus lädt die Seinen ein, mit ihm allein zu sein, ihre Erfahrungen mitzuteilen, auf ihn zu hören als den, der selbst ein Hörender ist, und so neu zu sich selbst zu finden. 

Das bedeutet auch, sich angenommen zu fühlen, auch wenn ich hinter den Erwartungen zurückgeblieben bin. Geborgenheit zu erfahren, auch wenn ich die erhofften Leistungen nicht erbracht habe. Sich bejaht zu fühlen trotz aller Fehler und Schwächen.

„Ausruhen beim Herrn!“ – Verweilen in seiner Gegenwart. Das tut gut. Das lässt uns aufatmen, schenkt neue Kraft. Steter Lärm und dauernde Unrast machen den Menschen krank. Und ohne Sammlung gleichen wir einem leeren Krug oder einem wasserlosen Brunnen.

„Ausruhen beim Herrn“ ist kein Selbstzweck. Es will stärken, es will Kraft geben, die anstehenden Aufgaben anzugehen und zu bewältigen. Denn wer anderen das Wort Gottes zu sagen hat, muss selbst ein Hörender und Lernender sein. 

Alles in allem ist das, was wir heute im Evangelium hören, ein freundlicher und frohmachender Text. Er atmet Verständnis, Ruhe und Menschenfreundlichkeit. Ein Anti-Stress-Text sozusagen. Eine Ermutigung für jeden Tag. Für uns alle sagt dieses Evangelium, dass der Glaube und die Tat des Glaubens Zeiten der Ruhe brauchen, Zeiten des Hörens und Lernens miteinander und mit Jesus, wenn sie nicht ins Leere laufen sollen. Die Aktion braucht immer wieder die Meditation, die Sendung braucht die Sammlung. Das Wort braucht das Schweigen, das Zupacken das Händefalten. Sonst bekommt unser Leben Schlagseite. Wir verlieren das Gleichgewicht. Wir brauchen Unterbrechungen und Orte, wo nicht ein ständiges Kommen und Gehen ist.

Manchmal brauchen wir auch die Hilfe anderer. Es ist hilfreich, den Alltag gemeinsam zu unterbrechen, weil ich es allein nicht immer schaffe. Die gemeinsame Feier, die Musik, Lieder und auch das gemeinsame Essen gehört dazu. Essen ist eine kleine Feier mitten im Alltag. Eine Feier zur Stärkung des Leibes, zur Stärkung der Gemeinschaft, zur Stärkung der Seele. Das gemeinsame Essen ist ein kleiner Sabbat, welcher die Arbeit unterbricht.

Wenn wir nicht völlig ausgelaugt und ausgebrannt werden wollen, dann brauchen wir immer wieder die Unterbrechung, das Innehalten, die Atempause, den Rückzug aus der ruhelosen Betriebsamkeit, dann müssen wir uns immer wieder jenen Freiraum schaffen, wo wir zur Ruhe kommen, Stille finden und neue Kraft schöpfen können.

Wenn wir uns immer wieder mal die Zeit nehmen zum Ausruhen beim Herrn, dann öffnet uns dies für Gottes Geist, für seine lebensschaffende und stärkende Kraft.

„Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind, und ruht ein wenig aus“, sagt Jesus auch zu uns.